Irgendwie hab ich was zu sagen. Oder vielmehr ist mir nach Schreiben. Das ist ja hier wie so eine Art Tagebuch, und da wandern eben so meine Befindlichkeiten rein. Eigentlich sind es zwei Dinge, die gerade vorrangig in meinem Kopf sind.
Erstens denke ich, wieder mal, über das Leben nach. Es ist schönstes Vorsommerwetter, heute Nacht hat es gewittert, heute morgen ist die Welt frisch geputzt, duftig und einladend. Ich habe Schönes vor heute. Sonntag. Ich habe frei. Gestern war ich arbeiten, und das fiel bei heißem Wetter nicht leicht. Ich arbeitete gestern im Altersheim. Ich mache das noch nicht lange, und höre auch bald wieder damit auf. Das habe ich beschlossen, weil ich einfach dieses ungute Gefühl, vor und während der Arbeit nicht loswerde. Vor der Arbeit denke ich, ach, ich will am liebsten nicht hin, ich könnte so schöne andere Dinge machen. Sieben Stunden muss ich da jetzt verbringen, ich freue mich, wenn dann endlich Feierabend ist. Und ich spüre dieses ungute, kalte Gefühl im Bauch. Während der Arbeit denke ich, hoffentlich passiert jetzt nicht was Ungeahntes, hoffentlich läuft alles glatt und macht mir nicht mehr Stress als ich mir eh schon mache. Wichtig sind die Kollegen. Ich arbeite mit... also bin ich... Meistens sind es nicht die, die mir ein gutes Gefühl geben. Davon gibt es leider auch nur wenige.
Diese Gefühle, die das Leben nicht schöner machen, habe ich mir neun Monate lang angeschaut. Nun mag ich nicht mehr. Ich höre dort auf. Sobald ich es ausgesprochen hatte, vielen einige Kilos von mir ab.
Gestern dann wieder dort, einen Monat muss ich ja noch, war mir leichter ums Herz. All das was ich jetzt mache, mache ich zum vorletztvorletztvorletzten Mal. Ich hörte wieder meine Kolleginnen. Ich hörte ihnen diesmal aufmerksamer zu, denn ich war freier im Kopf. Oder sagen wir so, gestern rauschte es an mir vorbei, wo es mich vorher negativ beeinflusste. Da wurde geschimpft über den Stress, den Mangel an Kollegen und die nervenden Bewohner. Ein Satz hat so richtig geschnitten. Es ging um Ausgehen abends. Eine Kollegin überlegte abends in eine Disco zu gehen. Eine andere sagte: „Doch, mach das! Geh raus! Das braucht man um runterzukommen, und den ganzen Sick hier zu vergessen.“ Dieses Wort „Sick“ schleuderte soviel Abscheu hinaus, dass ich mich fast erschreckte. Wie kann man seinen Job nur so hassen? Oder eher: Wie kann man eine Arbeit jahrelang verrichten, die man so widerwillig macht. Sie redeten über Szenen, die im Frühdienst passiert sind. Ein Bewohner, der sie beschuldigte, ein Hemd geklaut zu haben, eine andere, die in einer Nacht regelmäßig acht Unterhosen bescheißt (plötzlich hieß es nicht mehr professionell: eingekotet), ein anderer, der behauptet, nichts zum Frühstück bekommen zu haben.
Ja, die alten Menschen können wirklich sehr herausfordernd sein. Immer nett zu sein geht nicht. Man ist auch nur Mensch, und wenn man noch so caritativ sein will.
Dennoch bleibt bei mir das Wundern und auch ein Stück Entsetzen darüber, wie unwillig hier Arbeit verrichtet wird. Wundern vor allem darüber, dass man trotz allem dabei bleibt. Ok, ständig werden sie krank, bleiben mehrere Tage zuhause, und jeder versteht es, denn kaputt sind sie alle.
Und ich frage mich: Warum lebt man ein Leben, wo man so viel Zeit verbringt, die einen anscheinend so fertig macht? Mir ist das Leben zu kostbar dafür. Ja, man mag mich Schlendrian, Rosinenrauspicker nennen. „Das Leben ist kein Ponyhof.“ Warum eigentlich nicht? Ja, klar, irgendwer muss „die Drecksarbeit“ machen. Ja, aber dann wollte ich dafür sorgen, dass die Drecksarbeit gefühlt wenigstens nicht dreckig bleibt. Wenn ich nur solche frustrierten, mir meine Energie fressenden Wesen um mich habe, dann ist mir in der Tat meine Arbeit sehr dreckig.
Es gehen die Meinungen rum, in Altersheimen würden die alten Menschen vor sich hinvegetieren, schlecht gepflegt, bis hin zu aggressiv behandelt werden. Ich sage weder stimmt, noch stimmt nicht. Eigentlich sind alle bemüht. Aber wenn sie sich in ihrem Pessimismus und ihrem Frust so gegenseitig runterziehen, dann kommt es in der Tat zu Worten, die ich bereits als Aggression empfinde, und sogar Handgriffe werden nicht so ausgeübt, dass ich Einfühlungsvermögen erahnen kann.
Also entweder Leute, geht weg, macht was, was euch heiter macht, nicht verdunkelt, oder bringt Licht hinein! Ein positives Wort, ein Lächeln, eine Umarmung vielleicht mit der Kollegin, die gerade müde ist. Sie auffangen, statt mit ihr zu fallen.
Ich habe das nicht geschafft. Es aber auch nicht der richtige Ort für mich, nicht die richtige Betätigung, um zu versuchen, die Welt dort zu retten.
Jedenfalls bleibt mir das Wundern im Kopf über die Akzeptanz eines Zustands, der einen unglücklich macht!
Ach ja, mir war ja zu Anfang noch etwas anderes im Kopf. Das hat aber damit gar nichts zu tun, sondern eher mit einer Frage nach, wie viel und überhaupt Beziehung, braucht der Mensch? Glücklicher, aufgeregter, freier Single, oder zufriedener, ruhender, geborgener Paarmensch?
Ich stelle mir diese Frage, weil ich mich heute Nacht, in einer Schlaflosen, mit leichten krank-im-Bauch-Gefühlen und diesem gruseligen Gewitter recht einsam fühlte, und mein Single-Leben wohl, zumindest bis nach dem einsamen Sonntagsmorgen-Frühstück in Frage stellte.
Naja, einfach so ein Gedanken-Eintopf.
Tat gut.
Sonntag, 5. Juni 2011
Mittwoch, 18. Mai 2011
"Sind sie ansprechbar?"- Fortsetzung
„Sind Sie ansprechbar“, hieß einmal einer meiner Einträge hier. Daraufhin kam gestern ein schöner, langer Kommentar. Und prompt passiert mir gestern abend etwas, das wunderbar dazu passt. Hat das was mit den Energien und Aufmerksamkeiten zu tun...?
Ich stehe am Bahnsteig und warte auf meinen Zug. Es ist abends um halb elf, wochentags. Ich bin nicht alleine. Eine Freundin von mir hat mich begleitet und wartet mit mir. Wir reden, vielleicht etwas lauter, vielleicht lachen wir auch etwas, vielleicht macht ihr das Mut, vielleicht, sind wir ihr auch einfach sympathisch. „Darf ich Sie mal ansprechen?“ fragt uns eine junge Frau. Sie mag Anfang Zwanzig sein, eine moderne Türkin. „Klar“, sage ich. Sie lacht kurz, wiederholt mein „Klar,“ sagt, „ wir sind ja in Köln.“ Und wird dann ernster: „Seid ihr schon mal betrogen worden?“ Meine Freundin und ich gucken vermutlich zwei Sekunden lang etwas dümmlich überrascht, weil man so eine Frage normalerweise nicht von einer fremden Frau am Bahnsteig gestellt bekommt, aber dann sind wir auch schon zum Antworten bereit. „Nein,“ sagt meine Freundin. „Nein,“ sage ich, „zumindest nicht, dass ich wüsste.“ Wieder lachen wir ein wenig, und dann erzählt uns die Frau - das Mädchen passt besser? Nein, irgendwas dazwischen- dass sie heute erfahren hat, dass ihr Freund, mit dem sie zwei Jahre lang zusammen war, sie ein halbes Jahr lang betrogen hat. Wir stellen Fragen, sie antwortet, sie erzählt, dass sie nachdem sie ihn zur Rede gestellt hat, die Wut kam, ihn vor seinen Freunden Schlappschwanz genannt hat, ihm am Telefon was vorgestöhnt hat, um dann zu sagen: „Na, erkennst du das? Sie waren alle vorgetäuscht meine Orgasmen.“
Jetzt gleich, also um zwölf sei ihr Geburtstag. Im Moment läuft alles schief. „Meistens führen solche schlechten Zeiten dazu, dass sich etwas sehr positiv verändert,“ versuche ich sie zu trösten. Aber Trost braucht sie eigentlich nicht. Sie wirkt nicht niedergeschlagen, aufgeregt ist sie, erregt. So erregt, dass sie einfach zwei fremde Frauen am Bahnsteig Hansaring (dem hässlichsten und kältesten) anspricht und aus ihrem Leben erzählt.
Ihre Bahn kommt. Sie ist schnell weg, halb lachend, halb leidend sagt sie: „Danke, dass ihr mir zugehört habt.“ „Alles Gute!“ sagen meine Freundin und ich gleichzeitig.
In dieser kleinen Erfahrung steckt viel drin. Als Fortsetzung zu „Sind sie ansprechbar?“ natürlich die Verwunderung darüber, wie verschlossen wir Menschen eigentlich sind. Wir befinden uns ständig auf engstem Raum miteinander, zum Beispiel in der Bahn, im Wartezimmer, im Supermarkt, und reden kein einziges Wort miteinander. Meistens schauen wir uns nicht mal an. Auf dem Land ist das anders. Da, wo es nur wenige Menschen gibt, da grüsst man sich, wenn man sich auf der Strasse trifft. Nicht weil man sich kennt, sondern weil Mensch auf Mensch trifft. Klar, wäre es viel zu anstrengend, wenn man zu jedem Vorübergehenden „Guten Tag“ sagen würde. Aber ein kleines bisschen mehr Offenheit wäre doch nur selbstverständlich.
Mir gefällt das Bild, dass der Kommentator von „Sind Sie ansprechbar?“ genutzt hat: Wir Menschen scheinen eine Käseglocke über uns zu tragen. Menschen als Schatten, denen wir keine Realität verleihen können.
Es braucht ja nicht viel. Wir brauchen nur einen kleinen Anstupser und schon werden wir wach. Schon hebt sich die Käseglocke und der Mensch, der eben noch Schatten war, wird zu meiner Realität.
Ich wünsche der Türkin ein schnelles und gutes Überstehen ihrer Krise. Bin aber zuversichtlich, dass sie das flott hinter sich bringt. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid. Und teilen kann sie ja....
Ich stehe am Bahnsteig und warte auf meinen Zug. Es ist abends um halb elf, wochentags. Ich bin nicht alleine. Eine Freundin von mir hat mich begleitet und wartet mit mir. Wir reden, vielleicht etwas lauter, vielleicht lachen wir auch etwas, vielleicht macht ihr das Mut, vielleicht, sind wir ihr auch einfach sympathisch. „Darf ich Sie mal ansprechen?“ fragt uns eine junge Frau. Sie mag Anfang Zwanzig sein, eine moderne Türkin. „Klar“, sage ich. Sie lacht kurz, wiederholt mein „Klar,“ sagt, „ wir sind ja in Köln.“ Und wird dann ernster: „Seid ihr schon mal betrogen worden?“ Meine Freundin und ich gucken vermutlich zwei Sekunden lang etwas dümmlich überrascht, weil man so eine Frage normalerweise nicht von einer fremden Frau am Bahnsteig gestellt bekommt, aber dann sind wir auch schon zum Antworten bereit. „Nein,“ sagt meine Freundin. „Nein,“ sage ich, „zumindest nicht, dass ich wüsste.“ Wieder lachen wir ein wenig, und dann erzählt uns die Frau - das Mädchen passt besser? Nein, irgendwas dazwischen- dass sie heute erfahren hat, dass ihr Freund, mit dem sie zwei Jahre lang zusammen war, sie ein halbes Jahr lang betrogen hat. Wir stellen Fragen, sie antwortet, sie erzählt, dass sie nachdem sie ihn zur Rede gestellt hat, die Wut kam, ihn vor seinen Freunden Schlappschwanz genannt hat, ihm am Telefon was vorgestöhnt hat, um dann zu sagen: „Na, erkennst du das? Sie waren alle vorgetäuscht meine Orgasmen.“
Jetzt gleich, also um zwölf sei ihr Geburtstag. Im Moment läuft alles schief. „Meistens führen solche schlechten Zeiten dazu, dass sich etwas sehr positiv verändert,“ versuche ich sie zu trösten. Aber Trost braucht sie eigentlich nicht. Sie wirkt nicht niedergeschlagen, aufgeregt ist sie, erregt. So erregt, dass sie einfach zwei fremde Frauen am Bahnsteig Hansaring (dem hässlichsten und kältesten) anspricht und aus ihrem Leben erzählt.
Ihre Bahn kommt. Sie ist schnell weg, halb lachend, halb leidend sagt sie: „Danke, dass ihr mir zugehört habt.“ „Alles Gute!“ sagen meine Freundin und ich gleichzeitig.
In dieser kleinen Erfahrung steckt viel drin. Als Fortsetzung zu „Sind sie ansprechbar?“ natürlich die Verwunderung darüber, wie verschlossen wir Menschen eigentlich sind. Wir befinden uns ständig auf engstem Raum miteinander, zum Beispiel in der Bahn, im Wartezimmer, im Supermarkt, und reden kein einziges Wort miteinander. Meistens schauen wir uns nicht mal an. Auf dem Land ist das anders. Da, wo es nur wenige Menschen gibt, da grüsst man sich, wenn man sich auf der Strasse trifft. Nicht weil man sich kennt, sondern weil Mensch auf Mensch trifft. Klar, wäre es viel zu anstrengend, wenn man zu jedem Vorübergehenden „Guten Tag“ sagen würde. Aber ein kleines bisschen mehr Offenheit wäre doch nur selbstverständlich.
Mir gefällt das Bild, dass der Kommentator von „Sind Sie ansprechbar?“ genutzt hat: Wir Menschen scheinen eine Käseglocke über uns zu tragen. Menschen als Schatten, denen wir keine Realität verleihen können.
Es braucht ja nicht viel. Wir brauchen nur einen kleinen Anstupser und schon werden wir wach. Schon hebt sich die Käseglocke und der Mensch, der eben noch Schatten war, wird zu meiner Realität.
Ich wünsche der Türkin ein schnelles und gutes Überstehen ihrer Krise. Bin aber zuversichtlich, dass sie das flott hinter sich bringt. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid. Und teilen kann sie ja....
Sonntag, 16. Januar 2011
Ich will doch nur spielen
„Der will doch nur spielen,“ heißt es, wenn der Hund angelaufen kommt.
Ich will auch spielen. Ist mir heute noch mal so richtig bewusst geworden. Und zwar war das so: Ich traf einen Freund zum Kaffee trinken. Dieser Freund nimmt an so ziemlich allem teil, woran der Mensch mit Tendenz zur Bemangelung seiner Selbstfindung teilnehmen kann. Er nimmt das nicht sehr ernst, sondern macht sich erfrischend lustig über sich und seine Aktionen. („Sag mal, wie kommst du eigentlich immer auf all diese Sachen?“ „Brauchst nur Schauen unter www-punkt-wie-finde-ich-mich-selbst-punkt-de ;)“ ). Seine Familie hat er schon mehrfach aufgestellt, in Form von Stühlen, Kissen oder gar lebenden Menschen. Er macht regelmäßig Improvisationstheater und irgendein Körpertraining, dessen Namen ich vergessen habe. Auf jeden Fall ist viel bewusstes Atmen dabei. Er fährt regelmäßig zu Wochenenden ins Kloster, und wird manchmal von seinem Therapeuten in die Fußgängerzone geschickt, wo er laut aus der Zeitung vorlesen soll, oder ins Café, um sich zu einer Person an den Tisch setzen, und sodann in einem Pornoheft zu blättern. Stärkung des Selbst. Nun erzählte er mir, mache er auch noch Kurs „Improvisierten Tanz mit Partner“ und eine Art Wellentanz, wo man mit den Ellenbogen Kontakt zu anderen Teilnehmern aufnehmen soll. „Wave“ nennt sich das. Gott sei Dank sagt er dazu, dass er manchmal mit seinem Mitbewohner in der Küche steht, diesen Tanz übertrieben darstellt, und sich in lustigen Sprüchen und Bewegungen über „Wave“ lustig macht.
Es hätte da eine Frau gegeben beim improvisierten Paartanz, die war sehr attraktiv und wirkte selbstbewusst, aber dann beim Tanzen stellte sich heraus, dass sie doch irgendwie verkrampft sei, und nicht aus sich raus käme. Ich dachte gleich, das hätte wohl auch ich sein können. Erst viel labern, um schon mal nen guten Stand in der Gruppe zu haben, aber wenn es dann ans Eingemachte geht, dann werde ich plötzlich ganz klein.
Und dann fragte ich mich, WARUM eigentlich? Bin ich denn, und wohl auch die andere, tatsächlich so schüchtern und verklemmt? Haben wir ein Problem mit unserem Körper? Mit unseren Gefühlen? Und ich frage mich, sind Leute wie sie und ich, einfach nur nicht am richtigen Ort? Man belegt aus Neugier, und damit man was vorzuweisen hat in seiner gesellschaftlichen Aktivitätenliste, mal so einen Kurs, aber wenn man dann da ist, merkt man, „Hey, ich habe jetzt wirklich überhaupt keine Lust mich wie ein Getreidehalm im Wind zu beugen. Ich habe vor allem deshalb keine Lust drauf, weil mich dabei alle irgendwie angucken, und ein Urteil über mich fällen. Und ich selber tue das auch. Da ist doch von Anfang an schon Druck da. Das ist alles irgendwie unnatürlich!“
Ich denke an meine alten Hobbys. Als Kind war ich in einer Karnevals- Tanzgruppe, und habe jedes Mal den Mittwoch herbeigesehnt, wenn wir Training hatten. DAS hat SPASS gemacht! Da fühlte ich mich nicht auf meine Persönlichkeit gestoßen, wenn mein Bein nicht so hoch flog wie das der Nachbarin.
Ich war auch in einer Gymnastik Gruppe. Da machten wir ebendiese und manchmal wurde das grosse Trampolin rausgeholt, was ein Riesen-Spass war. Oder wir spielten um uns „aufzuwärmen“ Fangen oder Plumpssack. Ich war am Ende k.o. und glücklich, und fühlte mich nicht verklemmt.
Neulich habe ich einmal mit Kindern verstecken gespielt. Ich habe wenig mit Kindern zu tun, und verstecken spielen habe ich das letzte mal vor ca. 23 Jahren gemacht. Ich habe mich in der Dusche versteckt. Die Badezimmertür ging langsam auf, die Suchende kam herein, mein Herz schlug wie wild. Ich wollte schreien vor Spannung. Sie fand mich. Ich schrie. Ach, was eine Aufregung! Und die kam ganz natürlich aus mir raus. Da sagte keiner vorher zu mir: „Jetzt klopfen wir mal mit dem Stock auf das Kissen und schreien laut NEIN!“
Ich finde es gut, dass ich nicht (mehr) zu derartigen Veranstaltungen gehe, nach denen ich mir hinterher Vorwürfe mache, weil ich mich für verklemmt halte.
Aber ich finde es nicht gut, dass ich nicht mehr spiele. Oder sagen wir, viel zu selten. Neulich machte ich für meinen Freund alberne Tänzchen im Wohnzimmer. Er lachte sich schlapp. Ich war außer Puste und sehr vergnügt.
Als Kind hatte man Spielsachen. Was haben wir Erwachsene für Spielsachen? Das Auto, sagt man so. Aber das ist kein Spielchen, was einen ausgelassen Lachen macht. Radfahren ist nur noch Fortbewegung oder Sport. Inlinen das könnte man mal wieder machen. Aber dann will ich nicht dran denken, wie gut das jetzt für meine Oberschenkel ist.
Als Kind fand ich es ganz schlimm, wenn ich meine Eltern in die Kneipe begleiten musste. Oder irgendwo dabei sitzen und die Unterhaltungen der Erwachsenen anhören. Das war ein Höchstmass an Langeweile. Heute sitzt man ständig irgendwo rum und unterhält sich. Was ja auch oft schön ist, aber manchmal wünschte ich mir, einfach mal aufzustehen und ne Runde Fangen zu spielen. Zum Wachwerden und zur allgemeinen Erheiterung und aus viel zu lange unterdrücktem Bewegungsdrang.
Als ich nach diesem Kaffeetrinken mit Selbstfindungs-Freund lange Spazieren ging, erinnerte ich mich daran, wie ich mir früher immer mein Traumhaus eingerichtet habe: Es sollte darin verschiedene Ebenen geben, mit vielen Kissen, die überall rumliegen, dann Schaukeln, von denen man sich in die Kissen fallen lassen kann und Trapeze, von denen man sich einfach hängen lassen kann, breite Treppengeländer, auf denen man rutschen kann. Ein Trampolin wäre top gewesen. Und Wände, die man bemalen kann.
Warum habe ich keine Schaukel in der Wohnung? Warum male ich nicht mehr? Warum langweile ich mich oft? Warum gehe ich nicht mehr zum Karneval?
Es ist nicht leicht, sich das Kindliche zu bewahren. Aber scheinbar sehnen wir uns alle nach dieser kindlichen Freude und nach Spielen. Warum gäbe es sonst all diese Kurse? Das soll wohl Spielen für Erwachsene sein. Geht ja auch, aber meiner Meinung nach nicht so. Beim Spazierengehen sah ich Männer auf der Wiese Fußball spielen. Perfekt! Ich habe auch schon mal ein Grüppchen junger Menschen Akrobatik auf der Wiese machen sehen. Und manche spannen ein Gummiband zwischen zwei Bäume und balancieren. Toll!
Hey, da fällt mir ein, ich habe neulich mit meinem Freund Fangen gespielt. Geht doch. Manchmal. Ich google mal ob es nicht ne nette Tanzgruppe in meiner Nähe gibt.
Ich will doch nur spielen.
Ich will auch spielen. Ist mir heute noch mal so richtig bewusst geworden. Und zwar war das so: Ich traf einen Freund zum Kaffee trinken. Dieser Freund nimmt an so ziemlich allem teil, woran der Mensch mit Tendenz zur Bemangelung seiner Selbstfindung teilnehmen kann. Er nimmt das nicht sehr ernst, sondern macht sich erfrischend lustig über sich und seine Aktionen. („Sag mal, wie kommst du eigentlich immer auf all diese Sachen?“ „Brauchst nur Schauen unter www-punkt-wie-finde-ich-mich-selbst-punkt-de ;)“ ). Seine Familie hat er schon mehrfach aufgestellt, in Form von Stühlen, Kissen oder gar lebenden Menschen. Er macht regelmäßig Improvisationstheater und irgendein Körpertraining, dessen Namen ich vergessen habe. Auf jeden Fall ist viel bewusstes Atmen dabei. Er fährt regelmäßig zu Wochenenden ins Kloster, und wird manchmal von seinem Therapeuten in die Fußgängerzone geschickt, wo er laut aus der Zeitung vorlesen soll, oder ins Café, um sich zu einer Person an den Tisch setzen, und sodann in einem Pornoheft zu blättern. Stärkung des Selbst. Nun erzählte er mir, mache er auch noch Kurs „Improvisierten Tanz mit Partner“ und eine Art Wellentanz, wo man mit den Ellenbogen Kontakt zu anderen Teilnehmern aufnehmen soll. „Wave“ nennt sich das. Gott sei Dank sagt er dazu, dass er manchmal mit seinem Mitbewohner in der Küche steht, diesen Tanz übertrieben darstellt, und sich in lustigen Sprüchen und Bewegungen über „Wave“ lustig macht.
Es hätte da eine Frau gegeben beim improvisierten Paartanz, die war sehr attraktiv und wirkte selbstbewusst, aber dann beim Tanzen stellte sich heraus, dass sie doch irgendwie verkrampft sei, und nicht aus sich raus käme. Ich dachte gleich, das hätte wohl auch ich sein können. Erst viel labern, um schon mal nen guten Stand in der Gruppe zu haben, aber wenn es dann ans Eingemachte geht, dann werde ich plötzlich ganz klein.
Und dann fragte ich mich, WARUM eigentlich? Bin ich denn, und wohl auch die andere, tatsächlich so schüchtern und verklemmt? Haben wir ein Problem mit unserem Körper? Mit unseren Gefühlen? Und ich frage mich, sind Leute wie sie und ich, einfach nur nicht am richtigen Ort? Man belegt aus Neugier, und damit man was vorzuweisen hat in seiner gesellschaftlichen Aktivitätenliste, mal so einen Kurs, aber wenn man dann da ist, merkt man, „Hey, ich habe jetzt wirklich überhaupt keine Lust mich wie ein Getreidehalm im Wind zu beugen. Ich habe vor allem deshalb keine Lust drauf, weil mich dabei alle irgendwie angucken, und ein Urteil über mich fällen. Und ich selber tue das auch. Da ist doch von Anfang an schon Druck da. Das ist alles irgendwie unnatürlich!“
Ich denke an meine alten Hobbys. Als Kind war ich in einer Karnevals- Tanzgruppe, und habe jedes Mal den Mittwoch herbeigesehnt, wenn wir Training hatten. DAS hat SPASS gemacht! Da fühlte ich mich nicht auf meine Persönlichkeit gestoßen, wenn mein Bein nicht so hoch flog wie das der Nachbarin.
Ich war auch in einer Gymnastik Gruppe. Da machten wir ebendiese und manchmal wurde das grosse Trampolin rausgeholt, was ein Riesen-Spass war. Oder wir spielten um uns „aufzuwärmen“ Fangen oder Plumpssack. Ich war am Ende k.o. und glücklich, und fühlte mich nicht verklemmt.
Neulich habe ich einmal mit Kindern verstecken gespielt. Ich habe wenig mit Kindern zu tun, und verstecken spielen habe ich das letzte mal vor ca. 23 Jahren gemacht. Ich habe mich in der Dusche versteckt. Die Badezimmertür ging langsam auf, die Suchende kam herein, mein Herz schlug wie wild. Ich wollte schreien vor Spannung. Sie fand mich. Ich schrie. Ach, was eine Aufregung! Und die kam ganz natürlich aus mir raus. Da sagte keiner vorher zu mir: „Jetzt klopfen wir mal mit dem Stock auf das Kissen und schreien laut NEIN!“
Ich finde es gut, dass ich nicht (mehr) zu derartigen Veranstaltungen gehe, nach denen ich mir hinterher Vorwürfe mache, weil ich mich für verklemmt halte.
Aber ich finde es nicht gut, dass ich nicht mehr spiele. Oder sagen wir, viel zu selten. Neulich machte ich für meinen Freund alberne Tänzchen im Wohnzimmer. Er lachte sich schlapp. Ich war außer Puste und sehr vergnügt.
Als Kind hatte man Spielsachen. Was haben wir Erwachsene für Spielsachen? Das Auto, sagt man so. Aber das ist kein Spielchen, was einen ausgelassen Lachen macht. Radfahren ist nur noch Fortbewegung oder Sport. Inlinen das könnte man mal wieder machen. Aber dann will ich nicht dran denken, wie gut das jetzt für meine Oberschenkel ist.
Als Kind fand ich es ganz schlimm, wenn ich meine Eltern in die Kneipe begleiten musste. Oder irgendwo dabei sitzen und die Unterhaltungen der Erwachsenen anhören. Das war ein Höchstmass an Langeweile. Heute sitzt man ständig irgendwo rum und unterhält sich. Was ja auch oft schön ist, aber manchmal wünschte ich mir, einfach mal aufzustehen und ne Runde Fangen zu spielen. Zum Wachwerden und zur allgemeinen Erheiterung und aus viel zu lange unterdrücktem Bewegungsdrang.
Als ich nach diesem Kaffeetrinken mit Selbstfindungs-Freund lange Spazieren ging, erinnerte ich mich daran, wie ich mir früher immer mein Traumhaus eingerichtet habe: Es sollte darin verschiedene Ebenen geben, mit vielen Kissen, die überall rumliegen, dann Schaukeln, von denen man sich in die Kissen fallen lassen kann und Trapeze, von denen man sich einfach hängen lassen kann, breite Treppengeländer, auf denen man rutschen kann. Ein Trampolin wäre top gewesen. Und Wände, die man bemalen kann.
Warum habe ich keine Schaukel in der Wohnung? Warum male ich nicht mehr? Warum langweile ich mich oft? Warum gehe ich nicht mehr zum Karneval?
Es ist nicht leicht, sich das Kindliche zu bewahren. Aber scheinbar sehnen wir uns alle nach dieser kindlichen Freude und nach Spielen. Warum gäbe es sonst all diese Kurse? Das soll wohl Spielen für Erwachsene sein. Geht ja auch, aber meiner Meinung nach nicht so. Beim Spazierengehen sah ich Männer auf der Wiese Fußball spielen. Perfekt! Ich habe auch schon mal ein Grüppchen junger Menschen Akrobatik auf der Wiese machen sehen. Und manche spannen ein Gummiband zwischen zwei Bäume und balancieren. Toll!
Hey, da fällt mir ein, ich habe neulich mit meinem Freund Fangen gespielt. Geht doch. Manchmal. Ich google mal ob es nicht ne nette Tanzgruppe in meiner Nähe gibt.
Ich will doch nur spielen.
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