Samstag, 23. Juni 2012

Mensch ärger dich nicht!

Irgendwer, mir Wichtiger, sagte einmal zu mir: "Man muss loslassen, dann bekommt man zurück!"- so in dem Sinn. Nun durfte ich wieder mal daran erinnert werden. Denn ich vermute, ich habe meine Entschädigung für die gestrige Geldstrafe wegen Falschradelns bekommen. Zumindestens kann ich es mir so zurecht basteln. Als ich gestern abend nach Hause kam, hatte ich einen Brief im Kasten. Ich hatte mich neulich freiwillig gemeldet an einer Befragung teil zu nehmen, vom Land NRW organisiert. In dem Brief wurde sich bedankt für meine Mitwirkung an der Studie, und sie würden das entlohnen. Mit 15 Euro. ....

Freitag, 22. Juni 2012

15 Euro für kleine Weisheiten

Ich habe mich eben über mich selbst wundern dürfen. Ich komme mit dem Rad um die Ecke gesaust, auf dem Bordstein, der nicht der richtige ist, und sehe das Polizeiauto geparkt. Die Tür geht auf, eine junge Polizistin steigt aus, und ich- lächle. Ui, beim Falschmachen erwischt! Ich kann die junge Frau in dem unattraktiven olivgrünen Hemd freundlich anschauen. Sie schaut ein wenig skeptisch, dann lächelt auch sie. „Ach, das ist aber auch so verführerisch, sich hier an dieser Stelle nicht an die Regeln zu halten,“ sage ich. Sie klärt mich auf, dass Fahren auf der falschen Bordsteinseite zu den häufigsten Unfallsituationen führt. „Sie können die 15 Euro in bar oder mit der EC-Karte bezahlen.“ „Au ja, dann nehme ich die EC-Karte.“ Au ja, hab ich gesagt. Was ist da los mit mir? War mir vorher gar nicht aufgefallen, dass ich so gut gelaunt war. „Dann schieben Sie jetzt das Rad oder fahren Sie jetzt auf der richtigen Seite weiter.“ Jaja, echt ein blöder Job, den die da hat. Ich fahre weiter, plaudere an der nächsten Ampel noch kurz mit einem anderen Radfahrer, der sein Rad vorhin schön heuchlerisch an der Polizistin und mir vorbei geschoben hat. „Pech gehabt!“ bedauerte er mich. Dann will es mich überfallen. 15 Euro, das sind mehr als ich für eine Stunde arbeiten bekomme, das wären heute abend drei schöne Gläser Wein gewesen, davon könnte ich… Stopp! Gerade war ich noch so stolz auf meine Leichtigkeit, jetzt im Echo, will die Miesepeter-Stimme kommen!? Ich versuche meinen Kopf zu drehen. Die Polizei hat ja Recht. Meine Freundin hatte tatsächlich auf die Art einen üblen Unfall. Und jedes mal ist mir mulmig wenn ich an dieser unübersichtlichen Stelle auf der falschen Seite daher komme. Ich werde demnächst die Stelle umgehen, den Bürgersteig wechseln. Hey, vielleicht hat mich die Polizei gar vor einem künftigen Unfall bewahrt. Ich denke an Lola rennt. Was wäre passiert, wenn die Polizei da heute nicht gestanden hätte. Ich wäre morgen wieder dort lang gefahren und möglicherweise, hätte es morgen mal nicht gut gegangen. Lauter Gedanken, hin und her, und ich verstehe, wieder mal, wie sehr wir in der Lage sind, unsere Stimmung, unseren Blick auf die Welt, gut oder schlecht, weiter oder wolkig, Energie oder Depression selbst in der Hand haben. Pippi Langstrumpf hat es schon gewusst: „Ich mach mir die Welt wie sie -wie sie- wie sie- mit gefällt.“

Dienstag, 15. Mai 2012

Noch mehr Leben

Nochmal umsteigen vom IC in einen kleinen Nahverkehrszug. Ich setze mich in einen Vierer, mir gegenüber sitzt ein Mann. Vollbart, Helmut Kohl-Brille, unmoderne Jeans, senffarbene Winterjacke. Er sitzt recht unentspannt, angelehnt ans Fenster, die Hände auf seinen Beinen. Er schaut raus, aber scheint nicht wirklich zu schauen. Nur die Augen scheinen raus zu gehen, die Gedanken folgen nicht. Der Zug fährt gerade los, da höre ich den Mann leise sagen: „Ich will nicht mehr.“ Oh nein! denke ich, was kommt denn jetzt noch? Was ist denn heute los? Ich mache erst mal nichts. Schiele zu dem Mann hin, der starrt aber weiterhin aus dem Fenster. Es schien kein Aufruf von „Bitte sprich mit mir !“ zu sein. Ich mache es so ein bisschen wie die Tiere. Bewege mich nicht in der Hoffnung, dann sieht er seine Beute nicht. Er bleibt still. Ich auch. Passiert da gleich noch was? Ich schaue zu der Frau im Vierer nebenan. Sie holt ein Teilchen aus einer Bäckereitüte. Sie lächelt und isst schön hungrig und genussvoll. Kein Sündigen, kein Huch! Die Tüte knistert auffallend laut! Sie kaut, schaut aus dem Fenster, genießt die Landschaft und die Sonne, die in ihr Gesicht scheint. Ich schaue zu ihr, und da ist heile Welt. Ich schaue zum Mann gegenüber und da ist dunkle Welt. Zwei Menschen, komplett andere Ausstrahlung. Ich steige aus. Er bleibt drin. Wo fährt er hin? Wie sieht sein Leben aus? Warum will er nicht mehr? Ich denke mir, hey, du bist gesund, du hast bestimmt ein warmes Zuhause, am Verhungern bist du auch nicht, das allein sollte schon zum Weiterleben ausreichen. Mach was draus! Und wenn du gerade echt grosse Störfaktoren in deinem Leben hast, versuch sie los zu werden. Nicht immer einfach. Vielleicht ist er einsam? Vielleicht ist seine Frau gestorben? Er ist gerade arbeitslos geworden? Er sieht ein bisschen aus wie ein Lehrer. Erdkunde, Mathe. Vielleicht erlebt er täglich die Hölle mit seinen Schülern? Leben... von jedem anders empfunden.

Leben - Zwischen Nürnberg und Schwäbisch Hall

Schnelles Umsteigen in Nürnberg. Vom ICE in den IC. Ich hab einen Fensterplatz reserviert. Aber da sitzt schon eine Frau. Mitte vierzig, eine Farbige, schick angezogen. Normalerweise bestehe ich auf meinen Fensterplatz, aber diesmal war es mir egal. Das Ding, was dafür sorgt, dass ich Geschichten erlebe, hatte da wohl seine Finger im Spiel. Kaum saß ich, sprach mich die Frau im Gang neben mir an. Sie, eine auch Mit-Vierzigerin, blond gefärbt und schlecht frisiert, rotes Labbershirt, gerötete Wangen: „Hat der jetzt ICE gesagt?“ Sie meinte die Stimme, die gerade aus dem Lautsprecher kam. „Willkommen im IC ..“-blabla. „Nein, IC ist das hier,“ sage ich knapp. „Ach, dann ist es ja gut, ich habe nämlich nur ein Wochenendticket, und damit darf ich nicht im ICE fahren.“ Die Frau ist total aufgeregt, darum verkneife ich mir, zu sagen, dass man damit auch nicht im IC fahren darf. Sie redet weiter. Erklärt mir, dass heute nämlich schon alles schief gegangen ist. Erst Schienenersatzverkehr, dann da umsteigen und dann wusste sie nicht, und der Schaffner hat gesagt und sonst sei sie eigentlich eine Stunde später da und sie muss nach Stuttgart und, und, und. Die farbige Frau neben mir sagt, mit Akzent, so dass es recht unverständlich klingt, aber ich weiss ja, was sie sagen will:„Wochenendticket gilt nicht im IC.“ Ach je! Die roten Wangen werden noch röter. Und vor uns dreht sich ein Junge rum, auch plötzlich aufgeregt: „Ist das nicht der IC?“ Doch, doch, alles gut. Nicht für die blonde Frau. „Oh, nein, aber der Schaffner hat mir gesagt, um 15h noch was, soll ich mit dem Zug nach Stuttgart fahren. Der hätte das doch wissen müssen. Soll ich jetzt aussteigen am nächsten Bahnhof?“ Ein roter Zug fährt an uns vorbei. „Ach, das ist jetzt sicher der Zug, den ich hätte nehmen sollen. Fährt der nach Stuttgart?“ fragt sie mich. Woher soll ich das wissen?! Ich rate ihr nun erstmal hier zu bleiben, der Schaffner hier hätte sicher Verständnis für sie. Was das Szenario abrundet ist die Sprache der Frau. „Ich komme nämlich aus Zwickau. Ich bin Krankenschwester. Und ich fahre ja nie mit dem Zug.“ Ja, das passt alles, denke ich mir, und bin hin und her gerissen zwischen Rührung, Mitleid und Lass-mich-jetzt-mal-in-Ruhe. „Wissen Sie, mein Tag heute fing schon so schlimm an.“ Und sie erzählt mir, dass sie zwei Töchter hat und mit der einen wollte sie die andere in Stuttgart besuchen. Sonst fahren sie da immer mit dem Auto hin, aber diesmal schlug sie vor, doch mal den Zug zu nehmen. Da hatte die Tochter keine Lust drauf, und maulte und käme dann eben nicht mit. Verzweiflung. Was nun? Die Stuttgart-Tochter hätte dann wohl gesagt, wenn sie nur hinkommt, wenn sie bequem im Auto fahren kann, dann wird es ihr wohl nicht so wichtig sein sie zu sehen. Enttäuschung. Klarwerden von Tatsachen. Ich verstehe, das sind die Dinge, die ich aus ihrer wirren, gesächselten Erzählung heraus interpretiere. Ich kann die Frau verstehen, fühle ihren Tag nach, so als sei jeder Meter, den man zurücklegt, schon nicht von Freude geprägt, sondern immer noch mit dem schlechten Gefühl von Unfrieden, vielleicht dem schlechten Gewissen („Hätte ich doch mit dem Auto fahren sollen, dann wäre Tochter x mitgekommen?“). Widerwillen. Eigentlich fast klar, dass die Zugfahrt nicht reibungslos und schön werden kann. Es passt zu ihr, dass sie diese Fortsetzung erlebt. Und es passt zu mir, dass ich neben ihr sitze und ihre Geschichte erlebe. Die Schaffnerin kommt. Das wird klappen, denke ich mir. Eine junge Frau, etwas dicklich gemütlich, stets lächelnd und scheinbar noch nicht so lange in ihrem Job. Sie steht neben uns und meine aufgeregte Gang Nebennachbarin zeigt ihr das Wochenendticket. Kurz tut sie als sei alles in Ordnung damit und dann beginnt sie aber ihre Geschichte, genau so wirr und aufgeregt zu erzählen, wie sie es bei mir getan hat. Inklusive dem schlimmen Tag. Nur die Töchter ließ sie aus. Natürlich schickt die Schaffnerin sie nicht aus dem Zug. Sie lässt sie auch nicht nachzahlen. Stattdessen lacht sie und kann kaum was sagen, denn die verzweifelte Frau lässt ja niemanden zu Wort kommen. Sie bedankt sich dramatisch und die Schaffnerin geht vergnügt zum nächsten Sitzpaar. Die Zwickauer Krankenschwester kramt ihre Tasche raus und holt eine Tüte raus. Ich schaue meine Sitznachbarin am Fensterplatz an. Schon vorher haben wir uns einen belustigten Blick zu geworfen, worauf diese sagte: „Die ist verrückt“! Nein, das finde ich nicht. Ich finde sie rührend. Darum verstehe ich auch, was die Frau gerade aus ihrer Tasche holt. „Jetzt gibt’s sicher Kekse,“ sage ich zu meiner Nachbarin. Und prompt ruft die Zwickauerin die Schaffnerin zurück und schenkt ihr eine Packung Butterkekse. Ob sie auch noch eine Tüte dazu wolle? „Nein, danke, das geht so,“ lacht die Schaffnerin, und scheint sich echt zu freuen. Kurz ist Ruhe, dann dreht sich der Junge vom Sitz vor uns um und sagt zu der Zwickauerin. „Ich fahre heute zum ersten Mal alleine so eine Weite Strecke.“ „Wie alt bist du denn?“ fragt die Zwickauerin, und ihre Stimme ist jetzt ganz fest, und ich traue ihr zu, dass sie eine gute Mutter, und eine prima Krankenschwester ist. „Vierzehn“, sagt der Junge stolz. „Toll, das schaffst du, das weiß ich!“ Ich sehe sie in ihrem Krankenhaus, wie sie die Patienten versorgt, mit ihnen leidet und sich mit ihnen freut. Leidenschaft und Emotionen, Mitfühlen das kann sie. Sie traut sich was, sie ist nicht in einer isolierten Welt wie so viele von uns. Sie geht raus aus ihrer kleinen Welt und hat noch nicht verstanden, dass man sich hier nicht anspricht. Dass man hier Fremden nicht erzählt von den Familienstreitigkeiten. Man macht sich lächerlich, wenn man das tut. Man wird für verrückt erklärt. Und ich frage mich, wer das schönere Leben hat, sie oder wir "modernen Menschen"...?

Zwischen Bitterfeld und Jena Paradies war ich glücklich, Teil 2

Ich fuhr die Strecke gestern noch ein zweites Mal, und da dachte ich mir: Ich muss damals schon sehr glücklich gewesen sein, denn rund um Halle, und fast bis Jena war es nur mit Mühe eine schöne Landschaft. In Bitterfeld stieg ein junger Kerl ein. Dunkel angezogen, mit schwerem Reise-Rucksack. Er ließ sich auf meinen Nachbarsitz sinken. Irgendwann hörte ich ihn telefonieren. Er war vielleicht Mitte zwanzig, machte ein Kreuzworträtsel und sagte zu dem Telefon: „Kennst du einen Apostel, der auf s endet? Pause. „Nee, Matthäus ist zu lang“. Dann erzählt er, dass er heute Morgen in zwei Bäckereien war, und keiner hatte mehr Semmeln, nur Kuchen. „Nüü, Kuchen wollte ich nicht.“ Er fragt weiter seinen Telefonjoker, ob er ihm noch paar Leerstellen im Rätsel füllen kann. Und all das in schönstem Sächsisch. Sehr schön. Ich fühl mich fast wie im Theater. Das Theater geht weiter. Sechs junge Japanerinnen kommen in den Zug, drehen wieder rum, rennen aufs Gleis, den Zug entlang, und springen am anderen Ende des Wagens wieder rein. Ich muss an diese Werbung für Tütensuppe war das glaube ich, denken, als so eine Gruppe von Männchen, irgendwie schnatternd und gestikulierend, in eine Richtung lief, so ein Dinosauriertier hinter ihnen her, plötzlich, an einem Abgrund umkehrte und wild schnatternd zurücklief, Dinosauriertier, trotz Umkehrens immer noch im Rücken . Ein Paar steigt ein. Gestresst wohl von Platz suchen und Taschen reinschleppen. Sie mögen um die Fünfzig sein. Draußen steht ein weiteres Paar, um die Siebzig. Sie winken, vor allem der Mann auf dem Bahnsteig. Er schaut die ganze Zeit in den Zug, während das Paar damit beschäftigt ist, die Taschen irgendwo zu verstauen. Der Mann draußen lässt langsam nach. Sein Lächeln und fröhliches Gesicht sinkt langsam ein. Die Frau dazu friert. Sie scheint nur zu hoffen, dass der Zug bald fährt, damit sie heim, ins Warme gehen kann. Das Paar schaut immer noch nicht. Der Zug fährt an. Endlich erinnert sich die jüngere Frau, dass da noch jemand draußen steht. „Ich muss mal winken.“ Und sie winkt. Sehr fröhlich sogar. Und er, den ich nun als Vater identifiziere blüht wieder auf. Er tut sogar so, als laufe er jetzt neben dem anfahrenden Zug her. Gott sei Dank, ich hatte schon überlegt, ob ich ihm winken soll. Sein ins Leere winken hat mich so traurig gemacht.

Zwischen Bitterfeld und Jena Paradies war ich glücklich, Teil 1

Die Rolltreppe zum Untergeschoß in den Berliner Hauptbahnhof. „München“ steht auf den Anzeigetafeln des Zuges, der meiner ist. Erst jetzt verstehe ich, dass ich eine Strecke vor mir habe, die ich noch nie gefahren bin. Nicht nur das, ich fahre durch ein Gebiet auf der Landkarte, was mir vollkommen unbekannt ist. Osten noch dazu. Ich war mal im Osten, da gab es die Grenze noch. Hat mich schwer beeindruckt. In einem Land vor unserer Zeit. Alles so schön stehen geblieben. Darf ich das sagen, ohne dass sich jemand ärgert? Ich mag das Alte. Für mich geht die Welt viel zu schnell durch ihre Zeit. Sie reist alles an, Neues verliert zu schnell unsere Begeisterung. Traditionen gibt es nicht mehr. Moden haben eine immer kürzere Haltbarkeit. Ich will aus dem Zug springen, der durchs Leben fährt und Stopp rufen, will noch nicht weiter fahren. Ich will da auch gar nicht hin, wo die anderen scheinbar hinwollen. Ich will wieder zu den Mädels vom Immenhof, zu Peter Alexander, der mit seiner Gitarre auf dem Dorfplatz die Fräuleins im bauschigen Rock betört. Verzweifelt suche ich die kleinen Läden und traurig sehe ich, dass die Orte immer gleicher werden. Es scheint nur noch acht Geschäfte zu geben, und die gibt es an jedem Stadtrand, und auch in jeder Fußgängerzone. Aber das klingt ja unglücklich, ich war doch eigentlich glücklich ab Bitterfeld. Sagen wir, das waren die Gedanken vor Bitterfeld. Bitterfeld, davon habe ich schon gehört. Ich kann nicht sagen, dass es Reiseempfehlungen waren. Eher wurde da von Industrie und schlechter Luft gesprochen. Die Luft konnte ich durch mein Zugfenster nicht riechen, aber die Industrie sah ich ganz deutlich. Aber die Sonne schien, und Puderzuckerschnee beschönigte die Rohre und Kamine. Außerdem wurde ich ja gerade glücklich, da macht auch so ein bisschen Industrie nichts aus. Warum glücklich? Weil ich mich frei fühlte und abenteuerlich. Und vor allem weil es so schön war da draußen. Immer wenn ich sehe wie schön die Welt ist, vor allem die deutsche, macht mich das glücklich. Es sei denn, ich habe gerade guten Grund, nicht glücklich zu sein. Der Zug fuhr weiter, und es wurde immer schöner. Halle, aha, so sieht Halle aus. Die meisten im Zug stiegen aus. Da verpassten sie aber was, denn jetzt wurde es erst richtig idyllisch. Weinberge und jeder Weinberg hatte sein Steinhäuschen. Und am Fuße des Hangs ein Fluss. Halle an der Saale. Klar, Saale-Unstrut!

Alte Schule

Ich stehe an diesem grauen, langweiligen Bahnhof, ein alter deutscher unrenovierter Bahnhof in Schwaben. Es ist kühl. Wetter grau. Mein Nahverkehrszug nach Stuttgart fährt ein. Es ist noch so einer, bei dem man die Türen nicht per Knopfdruck sondern mit einem Hebel abwärts drehend öffnen muss. Aber in dem Fall muss ich das nicht tun, denn der Schaffner steigt geradewegs vor mir aus und kommt aus dem Zug. Er schaut rechts und links, Pfeife im Mund, nimmt meinen Koffer, sagt kein Wort, und bringt ihn in den Zug. Flink und wie selbstverständlich seine Bewegungen. Ich folge meinem Koffer und suche mir einen Platz. Kurz darauf kommt mein hilfsbereiter Schaffner um die Fahrkarten zu kontrollieren. Meine ist ein DIN A4 Blatt, dass ich drei mal zusammen gefaltet habe. Aufgefaltet reiche ich es ihm, er knipst, und faltet es sorgfältig an den Falzkanten wieder zusammen bevor er es mir zurück gibt. Er macht das einfach so, wortlos, wie vorhin, als er meinen Koffer trug, ohne dabei ein Lob oder einen Kommentar ernten zu wollen. Es scheint ihm selbstverständlich dazu zu gehören. Service. Alte Schule.